Die Gäste der Kulturliste Köln sind neugierig auf Neues und haben Interessen an Kultur. Sie freuen sich, dass sie zu einem für sie Theaterbesuch eine Belgeitung einladen können. Das sind einige der Ergebnisse, die unser Vorstandsmitglied Aneliya Angelova für ihre Masterarbeit herausgefunden hat. Sie hat damit ihr Kulturmanagement-Studium erfolgreich abgeschlossen. Ausführliche Ergebnisse sind hier nachzulesen.

Evaluationsbericht – Kulturliste Köln e.V.

Kulturliste Köln e.V.
Evaluation der Kulturliste Köln
Aneliya Angelova
1. Vorbemerkungen
1.1 Kulturliste Köln e.V.
Die Kulturliste Köln e.V. vermittelt seit 2012 kulturelle Angebote an Menschen mit einem
niedrigen Einkommen, damit sie am kulturellen und gesellschaftlichen Leben teilnehmen
können. Um sich als Gast bei der Kulturliste Köln e.V. registrieren zu lassen, muss der
Einkommensstatus nachgewiesen werden. Der Kulturverein arbeitet mit Kulturpartner:innen
wie Theatern, Orchestern, Veranstaltern etc. zusammen, die ein Kontingent von Freikarten zur
Verfügung stellen. Damit deckt das Angebot der Kulturliste Köln e.V. verschiedene Sparten
des Kulturangebots ab. Die Freikarten aus dem Kontingent werden telefonisch von den
ehrenamtlichen Mitarbeiter:innen des Vereins an die bei der Kulturliste registrierten Gäste
vermittelt. Jeder Gast darf eine weitere Begleitkarte anfordern, um eine weitere Person zum
Kulturbesuch einzuladen. Die Gäste stehen auf der Gästeliste und holen die Karten ab, ohne die
Bedürftigkeit an der Abendkasse nachweisen zu müssen. Soziale Einrichtungen wie
Pflegeheime, Einrichtungen für betreutes Wohnen oder Behinderteneinrichtungen arbeiten als
Sozialpartner mit der Kulturliste zusammen und bekommen Gruppenkontingente zur
Verfügung gestellt.
1.2 Die Evaluation
Die Vermittlungsarbeit des Vereins und das Kulturnutzungsverhalten der registrierten Gäste
wurden im Rahmen der Masterarbeit von Frau Aneliya Angelova, ebenfalls ehrenamtliche
Mitarbeiterin des Vereins, evaluiert. Ein weiterer Anlass für die Evaluation der Kulturliste Köln
war, Erkenntnisse über die Zielerreichung der Vereinsarbeit im Zusammenhang mit dem 10-
Jährigen Jubiläum im Jahr 2022 zu gewinnen. Die Masterarbeit mit dem Titel
„Kulturvermittlung und Kommunikation mit Kulturnutzern. Eine empirische Untersuchung
des Kulturnutzungsverhaltens im Rahmen eines Kulturvermittlungskonzepts“ setzt sich mit
der Frage auseinander, inwiefern Kulturvermittlungskonzepte die Kommunikation mit dem
Kulturpublikum ermöglichen und erweitern können. Zweck ist es, die Rolle der
Kommunikation mit (potenziellen) Kulturnutzer:innen im Rahmen der Kulturvermittlung zu
untersuchen. Die Evaluation wurde anhand einer quantitativen Befragung der registrierten
Gäste durchgeführt, mit dem Ziel, Verbesserung und Weiterentwicklung der
Kommunikationsmaßnahmen im Sinne der Kulturvermittlung vorzuschlagen.
Das Kulturvermittlungskonzept und die Erfolgsfaktoren wurden bereits im Rahmen einer
Kulturnutzer:innenumfrage der Gäste der Kulturloge Berlin e.V. (seit 2015 Kulturleben Berlin
e.V.) im Jahr 2011 untersucht. Die Studie wurde vom Institut für Kulturpolitik an der
Universität Hildesheim von Prof. Dr. Birgitt Mandel und Prof. Dr. Thomas Renz durchgeführt.
Der Fragebogen liegt dem standardisierten Fragebogen der Gästeumfrage von Kulturleben
Berlin e.V. zugrunde.
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Die Befragung setzt sich mit den folgenden Themen auseinander:
 Block I: Soziodemographische Merkmale
 Block II: Motivation und Einstellung der Gäste
 Block III: Persönliche Kulturvermittlung
 Block IV: Verhaltensrelevante Aspekte
 Block V: Auswirkung der Besuche
2. Methodisches Vorgehen
Die Online-Befragung mittels standardisierter Fragen fand im Zeitraum vom 16.03.2021
bis 30.03.2021 mit Hilfe der Onlineplattform für Sozialforschung (www.soscisurvey.de)
statt. Abgeleitet aus den Forschungszielen und den theoretischen Hypothesen wurden die
Fragen für den Fragebogen entwickelt. Bei der Gestaltung des Fragebogens und die
Formulierung der Fragen wurden die Regelungen der Datenschutzgrundverordnung
(DSGVO) besonders in Bezug auf die „personenbezogenen Daten“ beachtet. In dem
angewandten Forschungsdesign wurden keine detaillierten Informationen erfragt, die auf
eine konkrete Person zurückführen können. Bei den soziodemographischen Fragen wurde
das Alter in Altersgruppen unterteilt, um die Angabe von konkreten persönlichen Daten zu
vermeiden.
Die Kulturliste Köln verfügte im Befragungszeitraum über 350 E-Mailadressen der aktiven
Gäste. Diese wurden per E-Mail zur Befragung eingeladen. Die Teilnahme erfolgte anonym
und ohne weitere Verschlüsselungen. 114 Teilnehmer der Befragung haben den Fragebogen
komplett ausgefüllt. Die Beteiligungsquote lag bei ca. 33%, was als eine gute
Rücklaufquote anzusehen ist und einen umfassenden Einblick in die Gesamtzahl der Gäste
der Kulturliste Köln e.V. erlaubte.
II. Ergebnisse
1. Soziodemographische Merkmale der Gäste der Kulturliste Köln
Geschlechterverhältnis
Die Geschlechtsverteilung der Gäste der Kölner Kulturliste weist mit 70% ein überwiegend
weibliches Kulturpublikum auf. Die Ergebnisse der Besucher:innenforschung zeigen
ebenfalls, dass Frauen häufiger Kulturveranstaltungen besuchen.
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Abbildung 1: Geschlechtsverteilung
Altersverteilung
In Bezug auf die Altersverteilung ist das Publikum der Kulturliste mit einem Anteil von
36% überwiegend über 65 Jahre. Die Kulturliste erreicht Gäste aller Altersgruppen, obwohl
der Anteil der jüngeren Menschen, 4,4 % (25-29 Jahre) und 6,1 % (35-39 Jahre) auffallend
niedrig ist. Positiv zu betrachten ist die zahlreiche Teilnahme des älteren Publikums an der
Online-Befragung. Daraus wird deutlich, dass die Art der Datenerhebung keine
Zugangsbarriere für diese Altersgruppe darstellte.
Abbildung 2: Altersverteilung
Berufliche Situation
Mit 54,4 % sind die Menschen in Rente mit Abstand die am stärksten vertretenen Gruppe
in Bezug auf die berufliche Situation. In derzeitiger Arbeitslosigkeit befinden sich 17,5 %
und erwerbstätig sind 13,2 % der Befragten. Studium hat lediglich eine Person angegeben,
während Schüler und Auszubildende nicht in der Grundgesamtheit vertreten sind.
70%
28%
2%
weiblich männlich divers
0%
5%
10%
15%
20%
25%
30%
35%
40%
30 bis 34
Jahre
35 bis 39
Jahre
40 bis 44
Jahre
45 bis 49
Jahre
50 bis 54
Jahre
55 bis 59
Jahre
60 bis 64
Jahre
65 Jahre
oder älter
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Abbildung 3: derzeitige berufliche Situation
Formale Bildungsabschlüsse
Der Großteil der Gäste ist mit 39,5 % hoch gebildet und besitzt einen Hochschulabschluss.
Die überdurchschnittlich hohe Anzahl der Akademiker unter den Gästen zeigt, dass die
einkommensschwachen Hochgebildeten sich besonders stark vom Angebot der Kulturliste
angesprochen fühlen. Der Anteil der Gäste mit Hauptschulabschluss beträgt 5,3 % und mit
Realschulabschluss ist 7 %, damit weisen die gering Gebildeten einen niedrigen Anteil auf.
Dies deutet darauf hin, dass auch bildungsferne Menschen Interesse an das Angebot zeigen
und dass es einen Bedarf besteht, die gezielte Ansprache von bildungsferne zu stärken.
Abbildung 4: formale Bildungsabschlüsse
0% 10% 20% 30% 40% 50% 60%
in Rente
derzeitige Arbeitslosigkeit
Erwerbsarbeit
Sonstiges
Hausfrau/ Hausmann
Studium
Schule/ Ausbildung
0% 5% 10% 15% 20% 25% 30% 35% 40% 45%
Hochschulabschluss
(Fach-)Abitur
abgeschlossene Berufsausbildung
Realschulabschluss
Hauptschulabschluss
Sonstiges
kein Abschluss
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2. Einstellungen und Motivation der Gäste
2.1 Präferenzen der Gäste auf die einzelnen Sparten
Das Interesse der Befragten am Theater weist mit 93,9 % einen recht hohen Anteil. Da der
Großteil der Kulturpartner der Kulturliste aus dem Theaterbereich kommt, werden die
Erwartungen und Bedürfnisse der Gäste in Zusammenhang mit den Kultursparten
angesprochen. Das Interesse an Sport ist deutlich niedriger als für die Kultursparten.
Sportveranstaltungen gehören jedoch nicht zu dem Angebot der Kulturliste und nicht zu den
primären Zielen des Angebots. Seit der Corona-Pandemie bietet die Kulturliste ebenso
Streaming-Angebote an. 23,7 % der Befragten gaben an, sich auch für Streaming-Angebote zu
interessieren.
Theater 93,9 %
Museen/ Ausstellung 83,3 %
Kabarett oder Varieté 74,6%
klassische Konzerte 73,7 %
Literaturlesungen 61,4 %
Sportveranstaltungen 21,9 %
Stream-Angebote 23,7 %
Tabelle 1: Präferenzen der Gäste auf einzelnen Sparten (Mehrfachnennungen möglich)
2.2 Motive der Gäste für die Registrierung bei der Kulturliste Köln
Das Interesse an Kultur, der Wunsch nach häufigerer Kulturnutzung und das kostenlose
Angebot sind die wichtigsten Gründe der befragten Gäste für die Anmeldung bei der Kulturliste
Köln.
Interesse an Kultur 84,2 %
kostenloses Angebot 62,3 %
Teilnahme am gesellschaftlichen Leben 49,1 %
Wunsch nach häufiger Kulturnutzung 57,0 %
Wunsch nach mehr Freizeitmöglichkeiten 38,6 %
Jemanden einladen oder mitnehmen 39,5 %
meine (Enkel-)Kinder durch kulturelle Angebote fördern 10,5 %
Interesse an Neuem 40,4 %
Interesse an bestimmten Einrichtungen 17,5 %
Ich wurde angesprochen 6,1 %
Tabelle 2: Gründe für die Anmeldung bei der Kulturliste Köln (Mehrfachnennungen möglich)
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2.3 Aufmerksamkeit auf die Kulturliste
Der Großteil der Gäste mit einem Anteil von 41 % hat durch Empfehlungen von Bekannten von
der Kulturliste erfahren. Der Aspekt der persönlichen Kommunikation spielt eine wichtige
Rolle auch bei der persönlichen Ansprache in einer sozialen Einrichtung, obwohl mit einem
Prozentwert von 20,2 % weniger als doppelt so viele Kontaktaufnahmen aufgewiesen werden
konnten. In Bezug auf die Medienkanäle weisen „Berichte in Zeitungen und Zeitschriften“ den
höchsten Anteil mit 21,9 % auf. Weitere Medien wie Flyer (10,5 %), Internet (7 %) und Radio/
TV (7 %) sind trotz ihrer niedrigeren Prozentwerte für den ersten Kontakt relevant.
Abbildung 5: Aufmerksamkeit (Mehrfachnennungen möglich)
2.3 Wichtigkeit der Begleitkarte
Zu der Freikarte können die Kulturgäste auf Wunsch auch eine Begleitkarte bekommen, damit
sie jemanden mitnehmen können und nicht allein zu der jeweiligen Veranstaltung erscheinen
müssen. Die Ergebnisse zeigen, dass für 78,1 % der Befragten die zweite Karte wichtig ist.
Abbildung 6:Wichtigkeit der Begleitkarte
0% 5% 10% 15% 20% 25% 30% 35% 40% 45%
Empfehlung von Bekannten
Berichte Zeitungen/ Zeitschriften
persönliche Ansprache in einer sozialen…
Flyer
Internet
Radio/ TV
Facebook
0%
10%
20%
30%
40%
50%
60%
70%
80%
90%
wichtig unwichtig egal
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2.4 Erzählen die Gäste anderen von der Kulturliste?
Die Mehrheit der befragten Gäste erzählt von dem vermittelten Kulturbesuch oder empfehlen
die Kulturliste weiter. Die Ergebnisse zeigen, dass die Kommunikation mit potenziellen Gästen
in Form von Empfehlungen vorhanden ist. Das weist einen positiven Effekt auch für die
Kulturpartner in Bezug auf die Öffentlichkeitsarbeit auf.
Ja, ich habe von meinem Besuch erzählt 35,1 %
Ja, ich habe die Kulturliste weiterempfohlen, bin mir aber nicht
sicher, ob das Angebot auch genutzt wird
46,5 %
Ja, ich habe die Kulturliste weiterempfohlen und das Angebot
wird meines Wissens auch genutzt
17,5 %
Nein, ich habe bisher noch niemanden davon erzählt. 0,9 %
Abbildung 7: Empfehlen die Gäste die Kulturliste weiter?
2.5 Der fehlende Nachweiszwang über die Bedürftigkeit an der Abendkasse
Über die Hälfte der Gäste, 57 %, ist es „wichtig“, dass sie ihre Bedürftigkeit an der Abendkasse
nicht nachweisen müssen. Die finanzielle Situation der Gäste muss einmalig bei der
Registrierung bei der Kulturliste nachgewiesen werden. Auf diese Weise bezweckt das
Vermittlungskonzept die Bedürfnisse der sozial benachteiligten Zielgruppe zu berücksichtigen.
Wie die Ergebnisse zeigen, wird der Nachweiszwang für die Mehrheit als unangenehm
empfunden.
Abbildung 8: Der fehlende Nachweis über die Bedürftigkeit an der Abendkasse
2.6 Besuche im Falle eines höheren Einkommens
Mit einem recht hohen Anteil von 89,5 % würden die Gäste für die vermittelten
Kulturveranstaltungen ebenfalls bezahlen, wenn sie über ein geregeltes oder höheres
Einkommen verfügen würden. Die Ergebnisse sprechen dafür, dass die Gäste das kostenlose
Angebot im Zusammenhang mit Kulturnutzung wertschätzen, weil sie sich den Kulturbesuch
aufgrund ihrer finanziellen Situation nicht leisten können. Das deutet darauf hin, dass bei den
0%
10%
20%
30%
40%
50%
60%
wichtig unwichtig egal
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Befragten ein hohes Interesse an Kultur besteht und sie unter anderen finanziellen Umständen
als zahlende Besucher:innen gewonnen werden könnten.
Abbildung 9: Besuche im Falle eines höheren Einkommens
2.7 Persönliche Vermittlung
Die persönliche Vermittlung der Veranstaltungen am Telefon ist eine der zentralen
Vermittlungsmaßnahme des Konzepts. 40,4 % der Befragten fühlen sich dabei „sehr gut“
informiert. Fast die Hälfte, 44,7 %, haben die Auskunft über das vermittelte Angebot und den
Kulturbesuch mit „gut“ bewertet. Im Rahmen der persönlichen Kommunikation werden die
Bedürfnisse und Interessen der Gäste in Bezug auf das Angebot angesprochen. Die individuelle
Beratung unterstützt die Gäste beim Abbau von Ängsten und Zugangsbarrieren. Die
persönliche Einladung ist eine zusätzliche Motivation zum Kulturbesuch. Insgesamt fühlen sich
95,5 % „ausreichend“ bis“ sehr gut“ informiert und sind mit der persönlichen Vermittlung
zufrieden.
Abbildung 10: Zufriedenheit der Gäste mit der persönlichen Vermittlung am Telefon
2.8 Bereitschaft der Gäste zum ehrenamtlichen Engagement
Alle Mitarbeiter:innen der Kulturliste arbeiten ehrenamtlich und einige davon sind ebenfalls als
Gäste registriert. Über die Hälfte, 57 %, wären bereit sich ehrenamtlich zu engagieren. Die
Bereitschaft sich ehrenamtlich bei dem Verein zu engagieren, deutet darauf hin, dass die Gäste
sich mit der Kulturliste verbunden fühlen und die Ziele des Vereins unterstützen würden.
90%
10%
ja nein
0%
10%
20%
30%
40%
50%
sehr gut gut ausreichend nicht ausreichend
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Abbildung 11: Bereitschaft der Gäste zum ehrenamtlichen Engagement
3. Verhaltensrelevante Aspekte
3.1 Kulturbesuchsverhalten in den letzten 6 Monaten vor dem Angebot der Kulturliste
28,1 % der Befragten gaben an, sechs Monate vor der Anmeldung keine Kulturveranstaltungen
besucht zu haben. Die Ergebnisse zeigen, dass ein Teil der Gäste durch das
Vermittlungsangebot der Kulturliste zum ersten Mal seit 6 Monaten zum Kulturbesuch
motiviert wurden. Lediglich 4,4 % (5 von 114) haben mehr als 5 Veranstaltungen besucht.
Dennoch kann festgehalten werden, dass das Projekt Kulturbesucher:innen gewonnen hat, die
vor sechs Monate kaum welche Kulturveranstaltungen besucht haben. Das kann mit einem
fehlenden Interesse an Kultur oder mit dem Eintrittspreis in Verbindung gebracht werden.
Damit hat das Kulturvermittlungskonzept einen Einfluss auf diesen Faktoren und auch auf das
Kulturnutzungsverhalten der Gäste, obwohl der Zeitrahmen von 6 Monaten kritisch betrachtet
werden kann und als zu kurz bezeichnet werden kann.
Abbildung 12: Kulturbesuchsverhalten in den letzten 6 Monaten vor dem Angebot der
Kulturliste
57%
33%
10%
Ja Unentschieden Nein
0%
5%
10%
15%
20%
25%
30%
35%
40%
45%
50%
keine 1 bis 2 3 bis 5 mehr als 5
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3.2 Veränderung des Besuchsverhaltens durch das Angebot der Kulturliste
Durch das Angebot der Kölner Kulturliste wurde mit einem hohen Anteil von 78,9 % der
Befragten die Nutzungsquote des Kulturbesuchs erhöht. Lediglich 14,9 % gaben an, dass die
Anzahl der besuchten Veranstaltungen sich nicht verändert hat.
Abbildung 13: Veränderung des Besuchsverhaltens durch das Angebot der Kulturliste
3.3 Auswirkung
Der Anteil der Gäste, die sich durch die von der Kulturliste vermittelten Veranstaltungen
bereichert fühlen, beträgt 92,1 %. Die positiven Ergebnisse zeigen die Wirkung des
Kulturbesuchs auf das Individuum und die große Bedeutung der Kultur für die persönliche
Bereicherung.
Abbildung 14: persönliche Bereicherung
III. Zusammenfassung der Ergebnisse
1. Zentrale Erkenntnisse
 Zielgruppe
Das Vermittlungskonzept der Kulturliste Köln erweist sich als erfolgreich für die
Erreichung der definierten Zielgruppen. Für einkommensschwachen Menschen wird
ein Zugang zur Kultur geschaffen und der Kulturbesuch ermöglicht. Der Großteil der Gäste
befindet sich in Rente oder in derzeitiger Arbeitslosigkeit. Das Publikum der Kulturliste ist
0%
20%
40%
60%
80%
100%
erhöht nicht verändert verringert
93%
1%6%
ja nein unentschieden
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überwiegend über 50 Jahre alt, wobei die Gruppe der über 65-Jährigen am größten ist. Das
Bildungsniveau der Gäste ist überwiegend hoch. Das Angebot der Kulturliste erreicht
einkommensschwache hochgebildete ebenso wie bildungsferne Menschen. Ein hoher
Anteil der Gäste sind Akademiker, die sich im Rentenalter einen Kulturbesuch nicht leisten
können. Das Angebot erreicht Menschen in verschiedenen Altersgruppen ebenso mit
unterschiedlichem Bildungsniveau.
 gezielte Ansprache mit einem bedürfnisorientierten Angebot
Die Mehrheit der Gäste hat sich aufgrund ihres grundsätzlichen Kulturinteresses oder ihres
Wunsches nach mehr Kulturnutzung bei der Kulturliste registriert. Das Angebot erreicht
kulturaffine Gäste, die sich den Kulturbesuch selbst nicht leisten können. Hier kann der
Eintrittspreis als Zugangsbarriere identifiziert werden, die von dem Vermittlungskonzept
erfolgreich abgebaut wird.
Der Großteil der Gäste schreibt der Begleitkarte und dem fehlenden Nachweis der
Bedürftigkeit an der Abendkasse eine wichtige Bedeutung zu. Daraus wird deutlich, dass
die gezielte Ansprache der Zielgruppe mit einem bedürfnisorientierten Angebot erreicht
wird. Der soziale Aspekt der beiden Komponenten kann erweitert werden, indem der
fehlende Nachweis und die Begleitkarte als zusätzliche Anreize und Stimuli betrachtet
werden. Die Mitnahme oder Einladung einer zweiten Person zum Kulturbesuch erweist
sich als eine zusätzliche Motivation der Angebotsnutzer:innen.
In Bezug auf die persönliche Vermittlung am Telefon und die von der Kulturliste
angebotenen Kultursparten wie Theater, klassische Konzerte etc. kann bestätigt werden,
dass die Wünsche und Bedürfnisse der Gäste berücksichtigt werden. Eine Ausweitung
des Angebots mit Sportveranstaltungen oder Streaming-Angeboten erweist sich für einen
kleinen Anteil der Gäste als relevant. Dennoch ist es empfehlenswert, Online-
Veranstaltungen anzubieten, mit dem Potenzial ein jüngeres Publikum im Rahmen der
einkommensschwachen Zielgruppe zu erreichen.
 Aufmerksamkeit auf Kultur und Kulturnutzung
Ein Großteil der Gäste ist aufgrund einer Empfehlung von Bekannten auf die Kulturliste
aufmerksam geworden. Ebenso erzählt die Mehrheit der Gäste von dem durch die
Kulturliste vermittelten Kulturbesuch oder empfiehlt das Angebot weiter. Das deutet auf
die erfolgreiche Öffentlichkeitsarbeit der Kulturliste hin und kann gleichzeitig auf die
Zufriedenheit der Gäste zurückgeführt werden. Die Mundpropaganda kann nicht nur zur
Steigerung des Bekanntheitsgrads der Kulturliste führen, sondern sich ebenso auf eine
positive PR für die Kultur und die Kultureinrichtungen auswirken und ein
entscheidender Erfolgsfaktor sein.
Fast ein Viertel der Gäste wurde über Berichte in Zeitungen erreicht. Daraus lässt sich
schließen, dass mit einer positiven PR und Werbung ebenso für die Kultureinrichtungen
das Erreichen einer bestimmten Reichweite verbunden ist.
 Besucher:innengewinnung und Besucher:innen bindung
Bei dem Großteil der Gäste wurde der Kulturbesuch durch das Angebot erhöht. Daraus
wird ersichtlich, dass nicht kulturaffine ebenso zur Kulturnutzung motiviert wurden und
somit die kulturelle Teilhabe von bisherigen nicht oder wenig aktive
Kulturbesucher:innen gefördert wird.
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Die Vermittlungsmaßnahmen wie beispielsweise die persönliche Einladung, den fehlenden
Nachweis der Bedürftigkeit an der Kasse und die Begleitkarte erweisen sich als
erfolgreiche Faktoren, die Zugangsbarrieren abbauen. Damit tragen sie zur Steigerung der
Kulturnutzung bei und ermöglichen die kulturelle und gesellschaftliche Partizipation für
kulturaffine und hochgebildete sowie für kultur- und bildungsferne Menschen. Das
Vermittlungskonzept kann als ein Audience Development Instrument betrachtet werden,
das den Zugang zur Kultur für verschiedenen Bevölkerungsschichten ermöglicht und das
Kulturnutzungsverhalten der registrierten Gäste beeinflusst.
Die Anmeldung der Gäste bei Erfüllung der Voraussetzungen und die Aufnahme in das
interne System des Vereins lassen Parallelen mit dem Prinzip des Abonnements der
Kultureinrichtungen erkennen und trägt ebenfalls zur Besucher:innenbeindung bei. Fast
90 % der Gäste würden bei einem höheren Einkommen für die vermittelten
Kulturveranstaltungen bezahlen. 17% der Kulturnutzer:innen sind arbeitslos, was auf eine
veränderbare Situation hindeutet. Wenn sie zu einem späteren Zeitraum über ein höheres
Einkommen verfügen, bleiben sie der Kultureinrichtung als Gäste erhalten. Zum einen wird
so ein Potenzial für eine langfristige Besucher:innenbindung aufgebaut, zum anderen
gewinnt der Kulturanbieter zahlende Besucher:innen.
2. Kommunikationsaspekte
Die Kulturliste realisiert die Kommunikation mit der Zielgruppe und vermittelt die gewonnenen
Kulturnutzer:innen an die Kultureinrichtungen als Kulturpublikum weiter. Das
Vermittlungsmodell trägt ebenso zur Besucher:innengewinnung bei. Die Kulturliste beteiligt
sich als Schnittstelle am Kommunikationsprozess zwischen Kultureinrichtungen und
Kulturpublikum und stellt ein Instrument zur Erweiterung der Kommunikation mit
Kulturnutzer:innen dar.
Die Rolle der Kommunikation im Rahmen des Kulturvermittlungskonzepts kann in vier
Ebenen untergliedert werden:
 Die Berücksichtigung der Bedürfnisse der definierten Zielgruppe ermöglicht die
zielgruppenorientierte Ansprache und das Abbauen von Zugangsbarrieren. Durch die
Vermittlungsmaßnahmen des Konzepts stellt die Kulturliste den Kontakt her und tritt in
den Dialog mit dem (potenziellen) Kulturpublikum. Die Vermittlungsarbeit schafft den
Rahmen für eine besucher:innenorientierte Kommunikation.
 Die von der Kulturliste gewonnenen Kulturnutzer:innen können auch als
Vermittler:innen gesehen werden, die nicht nur für die Kulturliste, sondern auch für die
Kulturpartner bzw. die Kultureinrichtung werben. Durch die Begleitkarte wird der
Kulturnutzer:innenkreis erweitert. Die Begleitperson kann möglicherweise auch vom
Kulturbesuch bzw. von der Kultureinrichtung erzählen. In einem optimalen Fall konnte
die begleitende Person zum Wiederholungsbesuch als zahlender Gast motiviert werden.
Die Arbeit des Vereins trägt zur positiven PR und Reichweite für die
Kultureinrichtungen und damit zur werbenden Kommunikation bei.
 Die Kulturliste spricht eine schwer erreichbare Zielgruppe an und betreut sie persönlich.
Die Kultureinrichtungen können aufgrund beschränkter zeitlicher und finanzieller
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Ressourcen diese Vermittlungsarbeit für eine spezifische Zielgruppe nicht in diesem
Ausmaß gewährleisten. Das Vermittlungskonzept hilft bei der Erschließung und
Erweiterung neuer bzw. bestehender Zielgruppen für die Kultureinrichtungen und
schafft gute Voraussetzungen für eine erfolgreiche Besucher:innengewinnung. Durch
das Abonnement-Prinzip werden die Gäste an den Verein gebunden und
Rahmenbedingungen für die Zugehörigkeit der Gäste zum Verein sowie zur Kultur
geschaffen. Somit unterstützt das Vermittlungsmodell die beziehungsorientierte
Kommunikation mit dem Kulturpublikum.
 Die persönliche Vermittlung am Telefon ist ein zentrales Instrument der Arbeit der
Kulturliste Köln. Die persönliche Einladung hat eine motivierende Funktion und macht
die Kulturgäste auf verschiedenen Kulturangebote aufmerksam. Die individuelle
Beratung ermöglicht die konkrete Ansprache der persönlichen Interessen und
Zugangsbarrieren. Die dialogorientierte Kommunikation ist ein bedeutender
Erfolgsfaktor des Vermittlungskonzepts.
3. Perspektiven und Empfehlungen
Kulturpolitik
Das Kulturvermittlungskonzept schafft den Zugang zu neuen Kulturnutzer:innen, die bisher für
das Angebot nicht erreichbar waren oder gar ausgegrenzt wurden. Der Verein unterstützt die
Kultureinrichtungen bei der Ermöglichung der kulturellen Teilhabe und erweitern die
Kommunikation mit dem Kulturpublikum. Die Kulturorganisationen können ihre
kulturpolitische Aufgabe erfüllen, ohne die künstlerich-ästhetischen Inhalte im Rahmen der
Programmgestaltung ändern oder anpassen zu müssen, und ohne Extraformate zu
produzieren.
Die vielfältige und unterstützende Funktion des Vermittlungsmodells soll verstärkt
kommuniziert werden, damit die kulturpolitische und sozial-gesellschaftliche Rolle des
Vermittlungsprojekts erkannt wird. Die Vermittlungsarbeit geht über die Vermittlung von
Restkarten hinaus und dem Vermittlungsmodell bedarf eine neue Positionierung in der
Öffentlichkeit. Damit die Bedeutung der außerinstitutionellen Kulturvermittlungsprojekte der
BVKT von den Kulturveranstaltern wahrgenommen wird, soll sie durch kulturpolitische
Maßnahmen gefördert werden. Für die Vermittlungsorganisationen ist es wichtig, dass die
Kulturpolitik ihre Entwicklung nicht nur im Rahmen der finanziellen Förderung, sondern auch
im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit unterstützt.
Botschaft gezielt kommunizieren
Die Kultureinrichtungen können die Vermittlungsvereine bei der Steigerung des
Bekanntheitsgrads und ihrer Relevanz in der Öffentlichkeit unterstützen, indem sie nicht nur
Karten zur Verfügung stellen, sondern auch gemeinsame Projekte oder Workshops entwickeln.
Es ist von Bedeutung, dass die Kulturveranstalter die kommunikative Funktion der
Vermittlungskonzepte erkennen und die Initiative zur Zusammenarbeit auch selbst
ergreifen. Die Organisationen können im Rahmen der Online-Präsenz und/ oder von Flyer die
Rubrik „Kulturpartner werden“ einfügen, um Interesse und Aufmerksamkeit auf eine
Partnerschaft zu wecken, und sich als ein attraktiver und wertvoller Partner zu positionieren.
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Das kann zur Ausweitung und Diversifizierung des Angebots und Vergrößerung des Netzwerks
von sozialen und kulturellen Einrichtungen beitragen.
Bei der Akquise von neuen Kulturgästen macht die Kölner Kulturliste auf die Einladung im
Rahmen der persönlichen Vermittlung am Telefon aufmerksam „Wir rufen Sie an und laden
Sie ein“. Mit Kommunikationsinstrumente wie Events beispielsweise im Rahmen von
Begleitprojekten oder Workshops im Rahmen von Aktionen und Begegnungsangeboten kann
der Willkommensaspekt der Einladung dem potenziellen Kulturpublikum nähergebracht
werden. Durch eine Bündelung von Marketingmaßnahmen kann die Willkommensbotschaft
verstärkt kommuniziert werden, mit dem Ziel neue Kulturbesucher:innen zu akquirieren.
Darüber hinaus kann das Vermittlungskonzept mit einer strategischen Positionierung der
Botschaft die allgemeine Einstellung zur Kulturnutzung breit beeinflussen. Als Audience
Development Instrument kann das Vermittlungsmodell durch die Verbreitung der
Botschaft zur Besucher:innengewinnung beitragen und neue Zielgruppen für Kultur,
außerhalb ihrer bereits bestehenden Zielgruppe, erreichen.